Lasst die Jugendarbeit arbeiten

Heute ist der Tag der Jugend und das passt tatsächlich ziemlich gut, denn in den letzten Wochen hat mich kaum ein Thema mehr aufgeregt, als die Berichterstattung über die IFO Studie zum Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen während des Corona-Lockdowns.

Die IFO Studie hat herausgefunden, dass der Medienkonsum während des Lockdowns angestiegen und die Zeit, die Kinder und Jugendliche mit der Schule verbringen gesunken ist. Soweit so gut. Eine Studie, bei der man sich als Mensch, der im Hier und jetzt lebt nur denkt „You dont say. Wer hat dir das denn verraten? Captain Obvious?“

Was mich aufgeregt hat, war die Berichterstattung über diese Studie und die dazu mitgelieferten Kommentare, die allesamt in das Bockshorn „diese Jugend von heute ….“ stießen. Fast keiner der Kommentator*innen hat berücksichtigt, dass Kinder und Jugendliche in dieser Krise fast komplett alleine gelassen worden sind. Und damit meine ich nicht die Familien, die an und weit über ihre Grenzen gegangen sind. Damit meine ich auch nicht die Schulen oder Kindergärten, die nicht anders durften. Abgesehen von den Lehrer*innen, die das mit dem Social-Distancing ein wenig zu ernst genommen haben und sich gar nicht mehr bei ihren Schüler*innen gemeldet haben.

Ich meine damit uns als Gesellschaft insgesamt. Die Schulen wurden geschlossen. Die Vereine mussten in die vorzeitige Sommerpause (oder war es die verlängerte Frühjahrspause?) gehen. Jugendzentren durften nicht aufmachen. Ja, selbst Spielplätze wurden komplett dicht gemacht. Natürlich steigt da der Medienkonsum der Kinder und Jugendlichen. Ging doch auch wirklich niemandem anders in der Zeit des strengen Lockdowns. Daher kann dies nun wirklich keine Kritik sein, die an die jüngsten unserer Gesellschaft adressiert werden muss.

Und dann ging es langsam wieder los. Schulen machten langsam und unter komischen Voraussetzungen wieder auf. Spielplätze wurden nach langen Diskussionen wieder geöffnet. Und danach? Danach passierte lange nichts für Kinder und Jugendliche. Der Landesjugendring SH und viele Menschen mussten eine sehr lange Zeit bei den Entscheidungsträger*innen lobbyieren, damit Jugendarbeit mal wieder auf die Tagesordnung kam. Zu lange.

Ich habe während der Ferienfreizeit Ende Juli gemerkt, wie sehr die Kinder, aber auch die Betreuer*innen dieses Gefühl von ein wenig Freiheit, ein wenig Normalität vermisst haben. Dabei kann Jugendarbeit Corona-Hygieneregeln. Masken, Abstand, regelmäßig Händewaschen und Desinfektionsmittel? Na klar kann die Jugendarbeit das. Ich stelle hier mal die steile These auf, dass wir das sogar besser hinbekommen haben, als viele Teile der Gesellschaft. Zumindest bestätigt mir regelmäßig der Atem der an der Supermarktkasse hinter mir stehenden Personen in meinem Nacken diese These.

Jugendarbeit in ganz Deutschland hat gerade in dieser Krisensituation gezeigt, dass in ihr so viel Kraft und Kreativität steckt mit dieser Situation fertig zu werden. Online-Angebote, Ferienfreizeiten, Fortbildungen und diverse kleine Aktionen unter Hygieneregeln zeigen, dass Jugendarbeit kann, wenn man sie lässt.

Sollte es noch einmal zu einem so strengen Lockdown kommen (müssen), darf die Jugendarbeit nicht wieder hinten runter fallen. Kinder und Jugendliche dürfen nicht ein zweites Mal vergessen werden. Bei Lockerungen darf nicht zuerst daran gedacht werden, was einfach zu lockern ist. Ansonsten werden ganz andere Risse in unserer Gesellschaft tiefer. Wer segeln und Golfen wieder erlaubt, aber Kinder und Jugendliche zu Hause sitzen lässt, der setzt falsche Prioritäten.

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